Granit in der Halbleiterindustrie

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Im REITZ Tec Video Blog hatte Christina unseren Experten René Maschlanka zu Gast, um über die Vorzüge von Granit in der Halbleiterindustrie zu sprechen. Warum sehr hohe Präzision und hervorragende Eigenschaften hinsichtlich Schwingungsdämpfung und Thermik bei der Produktion eine entscheidende Rolle spielen, haben wir für euch zusammengefasst:

"Die Mikrotechnik setzt auf Granit, denn die Fertigungsprozesse von Chips mit einer Struktur von zwei Nanometern erfordern höchste Präzision." (René Maschlanka)

 

Christina: Lieber René, kannst du bitte kurz erklären, warum die Halbleiterindustrie als Schlüsselsektor für die Elektronikproduktion gilt?

René: Halbleiter sind in allen Elektronikbauteilen enthalten, in Chips. Diese sind für alle Anwendungen im täglichen Leben notwendig, zum Beispiel in Smartphones, Fernsehern, in Steuerungs- oder Messtechnik. Überall werden Halbleiter benötigt.

Christina: Wo kommt der Granit ins Spiel?

René: Die Mikrotechnik setzt auf Granit, denn die Fertigungsprozesse von Chips mit einer Struktur von zwei Nanometern erfordern höchste Präzision. Was das heißt, erkläre ich gleich. Wir sagen immer: In fast jedem elektronischen Gerät, das wir haben, ist irgendein Bauteil verbaut ist, was auf einem Maschinenbett aus Granit hergestellt worden ist. Zumindest ist eine sehr große Zahl von Bauelementen in der Mikrotechnik auf Maschinenbetten aus Granit hergestellt.

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Christina: Kannst du erklären, wie solche Chips hergestellt werden?

René: Im Wesentlichen werden diese Chips hergestellt durch Belichtung, durch Ionisierung, durch Oxidation und Ätzverfahren. Ein Wafer ist das Grundmaterial zur Chipherstellung. Auf ihm wird Schicht für Schicht aufgetragen. Ein Wafer hat dann 100 Schichten, bis er ein Mikrochip ist. Wafer werden als sogenannte Einkristalle hergestellt: In speziell entwickelten Maschinen wird im Vakuumverfahren unter hohen Temperaturen ein sehr reiner Kristall gezüchtet. Diese Kristalle haben verschiedene Durchmesser, die dann den Wafergrößen entsprechen. Die sind dann so ein, zwei Meter lang.

Christina: Sind das dann diese runden Scheiben, auf denen dann die Mikrochips sitzen in den unterschiedlichen Größen?

René: Genau, die Herstellung erfolgt durch Sägen und Schleifen der Wafer und letztendlich dem Beschichtungsverfahren, um den Mikrochip herzustellen. Bei den Kristallen kommt es darauf an, dass sie sehr rein sind. Das erfordert, dass keine Verunreinigungen von außen hineingetragen werden bzw. mechanische Störfaktoren den Kristall zerstören.

Christina: Was ist denn für die Herstellung wichtig? In welcher Umgebung werden die Geräte produziert?

René: Es ist erforderlich, dass die Maschinen eine sehr hohe Präzision haben. Zur Genauigkeit, die die Chips benötigen, braucht es die sehr guten Eigenschaften hinsichtlich Schwingungsdämpfung und thermischen Eigenschaften des Granits. Hier reden wir von Strukturen im unteren Nanometerbereich. Ein Nanometer ist ein Tausendstel Mikrometer. Ein Haar hat ungefähr eine Dicke von 60 Mikrometern. Würde man das Haar 30.000 Mal teilen, dann hätte ich 2 Nanometer. Beim Auftragen der einzelnen Schichten haben wir dann Strukturdicken von 2 Nanometern.

Christina: So hilft der Granit also beim Herstellungsprozess?

René: Ja, an verschiedenen Stellen kommen die hervorragenden Eigenschaften von Granit zum Tragen: Im Wesentlichen ist das Granit-Maschinenbett immer die Basis für die Anwendung. Aufgrund der thermischen Eigenschaften vom Granit ist es hervorragend geeignet zum Erzielen der hohen Genauigkeiten. Er ist sehr träge und hat einen sehr geringen Ausdehnungskoeffizienten. Die Schwingungsdämpfung des Granits gewährleistet die Wiederholgenauigkeiten. Dazu kommt, dass der Granit nicht leitend und nicht magnetisch ist. Granit ist ein neutrales Mineral und deswegen nicht chemisch anfällig. Er hat keinerlei basische Reaktionen oder auch keinerlei Reaktion auf Säuren.

Christina: Diese Prozesse finden in Reinräumen statt. Wenn wir über Temperatur sprechen, hat das auch was mit dem Reinraum zu tun? Hat Reinraum eine bestimmte Temperatur?

René: Ja, Reinraum ist in der Regel auch klimatisiert. Aber die Reinraumdefinition hat wenig mit der Temperatur zu tun, sondern da geht es einfach darum, dass eine gewisse Anzahl von Partikeln im Raum, von Fremdpartikeln im Raum nicht überschritten werden darf. Die leitenden Eigenschaften oder auch die nicht leitenden Eigenschaften würden durch Fremdkörper negativ die Bauteile beeinflussen.

Christina: Welchen Anforderungen muss sich die Halbleiterindustrie stellen?

René: Die Anforderungen wachsen ständig. Das ist bedingt durch die neuen Technologien. Wir denken jetzt mal an KI, 5G und IoT oder auch Industrie 4.0. Die Halbleiter sind die Grundlage, um diese Technologien voranzutreiben. Die Chips werden immer kleiner, um Ressourcen zu optimieren. Kleinere Chips werden auch benötigt für Kamerasysteme, für Sensoren und so weiter, allein bedingt durch die Baugröße. Chips werden kleiner und leistungsfähiger. Der Wafer hat ja begrenzten Platz. Je kleiner die Halbleiter werden, desto mehr Schichten gehen auf den Wafer, mehrere hundert Schichten, wenn es sein muss. Jede Schicht ist hintereinander zu fertigen. So braucht ein Wafer bis zur Fertigstellung auch hundert Tage. Je mehr Chips auf einem Wafer sind, desto produktiver ist die Anlage. Da sprechen wir wieder über den Granit: Die Miniaturisierung, also Chips mit einer Struktur von den angestrebten zwei Nanometern, erfordert sehr genaue, präzise Herstellungsprozesse.

Christina: Was heißt Präzision in diesem Prozess genau?

René: Die verschiedenen Schichten, die in so einem Mikrochip übereinandergelegt werden, müssen von der Position entsprechend genau sein. Das heißt, die Anlagen müssen in der Lage sein, sehr genau zu wiederholen. Diese Wiederholgenauigkeit wird gewährleistet durch die Eigenschaften vom Granit: durch die Schwingungsdämpfung und die thermischen Eigenschaften. Bei den thermischen Eigenschaften ist der sehr gute Wärmeausdehnungskoeffizient maßgebend und die träge Reaktionszeit auf Wärmeänderung.

Christina: Habt ihr bei REITZ Natursteintechnik auch einen Reinraum zur Verfügung für die Fertigung der Maschinenkomponenten?

René: Wir haben einen Grauraum. Wir gewährleisten dort über Filtersysteme und auch über den Zugang, dass der Raum nicht verunreinigt wird und dass die Bauteile in einer sehr guten Umgebung aufgebaut werden. Bei Bedarf können wir den Grauraum auch zu einem Reinraum umwandeln. Das erfordert dann noch einige Maßnahmen hinsichtlich der Filterung.

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Christina: Welchen Herausforderungen begegnet Ihr bei der rasanten Entwicklung der Branche noch?

René: Wir müssen uns den immer steigenden Anforderungen an die Produkte anpassen. Es gilt, Produktionsverfahren zu verbessern und unsere Messverfahren anzupassen. Mitarbeiter müssen weitergebildet und geschult werden, neue Werkzeuge werden entwickelt. Es ist alles mit Investitionskosten verbunden. Aber die Investitionen ermöglichen uns, individuelle Maschinenbetten in herausragender Qualität herzustellen.

Christina: Haben denn Mikrochip-Hersteller ähnliche Anforderungen an euren Produktionsprozess, die ihr erfüllen müsst?

René: Die Grundanforderungen sind vergleichbar. Aber dadurch, dass es ja verschiedenste Verfahren gibt, die Chips herzustellen, sind die spezifischen Anforderungen unterschiedlich, je nach Herstellungsverfahren. Wafergrößen, Baugrößen etc. – all dies müssen wir beachten.

Christina: Also kriegt dann jeder Kunde ein unterschiedliches Maschinenbett von euch?

René: Standardisierung im eigentlichen Sinne gibt es nicht. Je nach Anwendung erhält der Kunde sein eigenes Maschinenbett. Die unterschiedlichsten Anwendungen, die darauf stattfinden, erfordern sehr individuelle Komponenten, die darauf verbaut werden. Somit bestellt jeder Kunde sein spezifisches Granitbauteil bei uns. Das ist im Prinzip branchenübergreifend so, dass jeder Hersteller entsprechend seiner Technologie eine eigene Komponente aus Granit hat.

Christina: Haben die unterschiedlichen Hersteller auch Ansprüche an Zertifizierung, die ihr erfüllen müsst?

René: Es gibt diverse Anforderungen an die Zertifizierung, wobei wir uns an der ISO 9001 orientieren. Das ist die am weitesten verbreitete Zertifizierung in Industriebetrieben. Und wir haben natürlich auch noch spezielle Auflagen hinsichtlich Umweltmanagement, die ISO 14000, beziehungsweise auch von der Automobilbranche die VDA 6.4. Aber das Maßgebende für uns ist die ISO 9001.

Christina: Du sprichst das Umweltmanagement an. Wie verhält sich Granit in Sachen Nachhaltigkeit?

René: Granit ist aufgrund seines natürlichen Vorkommens ein sehr nachhaltiger Werkstoff, ressourcenfreundlich zu verarbeiten und auch zu entsorgen.

Christina: Bitte gib uns zum Schluss noch einen kleinen Ausblick: Wie siehst du die zukünftige Entwicklung der Halbleiterindustrie?

René: Ich analysiere das für mich so: Es ist eine Branche mit sehr kurzen Produktlebenszyklen durch die ständig neuen Anforderungen. Entsprechend werden ständig neue, hochwertigere Halbleiter benötigt. In absehbarer Zukunft wird die Entwicklung der Digitalisierung und der genannten Technologien den Bedarf an Halbleitern sogar noch steigern. Und der Bedarf wird vermutlich dauerhaft erhalten bleiben, weil ja sich die Technologien weiterentwickeln.

Christina: René, vielen Dank für das Gespräch.

 

 

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Geposted von Ulrike Herr am 12.06.2024

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